Grenzen

Das Kolloqium morgen fühlt sich komisch an. Mache ich mit, weil ich denke, dass ich muss? Weil es zu meinem Job gehört, Gedanken in mich aufzunehmen, an ihnen herumzukauen, sie umzusetzen in einen neuen Gedankenklumpen? Will ich das, Gedankenklumpen aus Gedankenklumpen (re)produzieren?

Mir fehlen Menschen, ihre Gesichter, ihre Körper, ihre herausfordernden Ansprüche, die mich einbetten, bevor ich sie darum bitte, die mir einfach durch ihr Dasein zeigen, dass ich auch da bin. Ohne sie, die bündelnde Kraft ihres Blickes, fühle ich mich zerstäubt, als könnte ich jeden Moment kilometerweit vom Wind auseinandergetragen werden. Wenn ich für die Anderen bin, bin ich auch für mich. Ich bin fundamental abhängig von den Anderen, das tritt in den Coronazerstreuungsbewegungen deutlich, bisweilen schmerzhaft hervor. Und dann stemme ich mich gegen die Enge des Lichtkegels, mit dem die Anderen mich streifen, genieße still all das überlappende Ich, das nur mir selbst bleibt. Was will ich, durch mich sein oder durch sie sein? Mit ihnen sein? Durch etwas, das ich nicht kenne? Ich fürchte, all das ist nicht so sehr Frage meines Wollens als viel mehr Frage des Ausprobierens und Kennenlernens. Und vor allem ist es auch keine Frage einfacher Dualismen, die das ganze Spektrum meines Brauchens umspannen könnten. Das klingt nach Anstrengung, nach Geduld, nach Mut, nach Hoffnung, die aushalten muss, enttäuscht zu werden ohne sich zu erschöpfen, nach Bereitschaft, immer wieder an die eigene Grenze des Aushaltbaren zu gehen. Da bin ich viel, an den Grenzen des Aushaltbaren. Wird es irgendwann leichter? Werde ich größer, sodass die Grenzen weiter außen liegen? Oder lerne ich, mich weiter ins Innere zurückzuziehen? Oder lerne ich, den rauen Grenzwind zu nehmen?

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Kategorisiert als Allgemein

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